Beschreibung
Aus Anlass der ersten Kirchenfensteraufträge reiste Alfred Ross 1954 mit der Malerin Dagmar Schulze, seiner späteren Ehefrau, nach Chartres. Dort studierte er nicht nur die gotischen Bleiverglasungen, sondern stolperte regelrecht über ein Labyrinth in Form eines Bodenmosaiks. Damit fand er zu seinem Lebensthema. Labyrinthe tauchten danach in seinen Kirchenfenstern auf (Bonhoeffer-Kirche Schilksee), und er gestaltete selbst ein Fußbodenlabyrinth (Geestlandhalle Kropp). In seiner letzten, wohl intensivsten Schaffenszeit in der Malerei, der auch die ausgestellten beiden Bilder entstammen (siehe auch st2013-3011) , wurde das Labyrinth in unterschiedlichsten Variationen zum ausschließlichen Thema. Es geht Alfred Ross dabei nie um einen Irrgarten, sondern um den Weg, der auf Umwegen zum Ziel führt.
Das Zentrum wird durch zwei Metallfolien als leuchtender Mittelpunkt des Bildes hervorgehoben. Fast ebenso spannend sind die in ihrer Form mit dem Ziel korrespondierenden Wendepunkte, an denen sich die Bewegungsrichtung ändert. Sie werden hier besonders betont: mit ockerfarbenem Kieselsand ausgestreute Plätze, an denen es sich zu verweilen lohnt. Der gedeckt rosafarbene Bildhintergrund verströmt die ruhige Stimmung der Abendsonne, in der wir durch das Bild schlendern. Der Weg ist nicht weit in diesem “Zweierlabyrinth”, vom Bildrand zur Mitte zählt man jeweils zwei Wegstrecken. Bereits der Eingang ins Labyrinth unten links ist als ruhiger, quadratischer Sandplatz gestaltet, von dort ist es nur ein kurzer, schmaler Weg bis zum nächsten Rechteck. Dieses ist bereits so groß wie das Zentrum rechts daneben, das jedoch ein wenig höher liegt und dadurch den Anreiz gibt, weiterzugehen, und manchmal, die obere Metallfolie schneidend, wähnt man sich am Ziel, aber muss erst alle Bildecken umschreiten, bis das eigentliche Zentrum erreicht ist, die untere, kleinere Aluminiumfolie. Sie ist fast quadratisch und nur wenig größer als die Quadrate der Wegmarken oben und unten. Ist der Weg selbst nicht ebenso wichtig wie das Ziel? Zusammen binden die beiden Metallflächen in der Mitte die Quadratform zum Rechteck. Die klare Komposition aus Quadraten und senkrechten Rechtecken wird durch feine Details in ein Spannungsverhältnis gesetzt und hält uns als Betrachter trotz der inneren Ruhe ständig in Bewegung. (Anja Ross in: “bewegt”. Kunst in der Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein, Bd.01, Kiel 2013, S. 86)
Künstler
Alfred Ross (* 1927, † 2007)
1927 geboren, 2007 verstorben. Ab 1942 Volontariat als Bühnenbildner in Essen, Studium an der Folkwang Schule. 1950 Studium bei Willi Baumeister an der Kunstakademie Stuttgart. Ab 1957 zahlreiche „Kunst am Bau“-Aufträge, vor allem Kirchenfenster, zusammen mit seiner Frau Dagmar Schulze-Ross. Ab 1960 in Kiel tätig, 1989 – 2000 intensive malerische Schaffenszeit in Essen.
Literatur:
… bewegt… Kunst in der Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein, Carius-Verlag, Kiel, 2013, Band 1
… entgrenzt… Kunst in der Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein, Carius-Verlag, Kiel, 2014, Band 2
Weitere Informationen:
Kunst@SH
Schlagwörter / Ähnliche Werke
Alfred Ross (4)
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Daten zum Werk
Hauptgruppe: Malerei
Untergruppe: Collage
Material: Hartfaserplatte
Technik: Mischtechnik (Papier u. Sand)
Maße: H: 77 cm, B: 55 cm
Rahmen: H: 87 cm, B: 66 cm
Datierung: 1997 (ca.)
Copyright: Dr. Anja Ross