Beschreibung
Barbara Brandhorst arbeitet seit vielen Jahren mit Hilfe von Decollagen, Collagen, Frottagen und Neuformungen mit den Originalstücken der aktuellen Werbung. Die leise verschwindenden nostalgischen Litfaßsäulen liefern mit ihren papierenen Jahresringen archäologisches Alltags-Material, wie auch der aktuelle, drehende Ersatz von Leuchtsäulen Themen anstößt. In Aktionen im öffentlichen Raum werden eingeschlafene Wahrnehmungs-Mechanismen aktiviert, hinterfragt, provoziert, um zu einem bewussteren und humaneren Umgehen aufzubrechen. Die Kraft liefert die Kunst selbst, nicht der Duft der großen weiten Welt der Werbung. Speziell: “Hackstück I” – im Innenraum. Nicht im musealen “white cube”, sondern auf Backsteinwand in lichtdurchfluteter, moderner Architektur. Es kommt wie ein vollbestückter, drehbarer, etwas unordentlicher Postkartenständer daher. Zusammengeschnürte Papierabfälle für den Müllcontainer könnten assoziiert werden. Ein großes Hackstück aus vielen kleinen Hackstückchen, die das Zerhacken, den aggressiven Akt der Zerstücklung, noch nach außen im Riss zeigen. Scharfe Kanten führen bewegte Lineaturen. Sie dokumentieren den Teilungsvorgang wie mit dem Seziermesser durchgeführt. Kein Hackstück vom Fleischer, dafür Schnipsel mit Wortfetzen. Farbsignale, aber nicht als gemalte Abbilder, sondern Nutzung von real vorgegebenen Gebrauchsfarben und Formen. Keine Einheitlichkeit, sondern Vielschichtigkeit. Kreuzungen von Horizontalen und Vertikalen zur kompakten reliefartigen Großform. Massenhafte Verzettlungen auf dem ersten Blick, der Zettel oder das Hackstückchen aber bleibt eine individuelle Mitteilung. Ein “zerhacktes” Hackstück als “zusammengefügte” Assemblage ist ein Widerspruch in sich. Ein harmonisches, ausgewogenes Ganzes trotz allem: ein Neubeginn. Das Hackstück I signalisiert: Zerrissenheit als bewegte Einheit. (Roswitha Siewert in: “bewegt”. Kunst in der Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein, Bd.01, Kiel 2013, S. 16)
Künstlerin
Barbara Brandhorst (* 1940)
1940 geboren. Als Künstlerin Autodidaktin. Werke entstehen in der Auseinandersetzung mit Werbematerialien, außerdem Performances und Rauminstallationen. Ausstellungen u.a. mit der GEDOK und dem BBK. Seit 1946 in Kiel ansässig.
Literatur:
… bewegt… Kunst in der Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein, Carius-Verlag, Kiel, 2013, Band 1
Schlagwörter / Ähnliche Werke
Plastiken (25)
Objekt (9)
Abstrakte / ungegenständliche Kunst (272)
Daten zum Werk
Hauptgruppe: Plastiken
Untergruppe: Objekt
Material: Papier (Plakatschichten /Litfasssäule)
Technik: Assemblage (Papierschichten mit Axt bearbeitet)
Maße: H: 66,5 cm, D: 90 cm
Datierung: 1993
Entstehungsort: Schleswig-Holstein
Copyright: VG Bild-Kunst, Bonn