Beschreibung
Bloß Schuhe. Prinzenschuhe sollen es sein. Sichtbar ist allein das Schuhwerk: Es ist Stein geworden. Und der Prinz? Zu Weihen drängt die Phantasie, möchte nach Sinn und höherer Bedeutung schauen – aber bloß Schuhe. Schuh statt Kopf. Wird der Kopf zum Witz, gelangt der Schuh aufs Ehrenmal. Spott dem Geist? Auch Spott dem Mann?
Schaue anders: so verfügt die Gewalt des Autors, einer Frau. Ja, schaue anders.
Schuhe sollen umhüllen. Auch glänzen und auftreten. Aber Ballerina, Knobelbecher oder Wanderschuhe, Wüstensandale oder Aschenputtels: Sie sollen dienen. Sie sollen tanzen, schlurfen, stolpern, gehen – auch stehen oder warten. Sie sollen erhellen und selbstlos schmiegsam sein. Sie sollen passen (“Kein Blut ist im Schuh.”). Nun steht der Diener da.
Verewigt und verweigert sich in Stein. Das ist von ihm geblieben.
Man möchte den Prinzen suchen. Der Prinz: Er ist vorbei. Ach – ein Prinz ist immer schon vorbei. Er wird was Rechtes oder nichts. Der ferne Prinz trägt Mammis auserwählte Marken, von Pappi die Manschettenknöpfe. Und versteckt sich: in blanken Schuhen mit 12 Stunden Arbeit vor dem Leben. Mit Spaß doch freudlos bleibt er nicht – nein, wandert. Er will nicht fruchtbar sein. Fliehend wird er immer mehr nach Freiheit rufen, den Rebellionen folgen, Demokratie” in den Äther schreien.
Wo sich die Anderen treffen, wird er nicht mehr gesehen und verloren sein.
Die Beulen im Schuh sind sein Gedächtnis. Da war er mal. Hat den Schuhen Formen seines Weges eingedrückt. Allein, sie stehen sauber da. Nicht feurig hingeworfen. Ein Denkmal der Bewegung, ein Zeugnis des Verstummens.
Lautlos ist es. Steinern fehlt dem Schuh das Knarren seiner dünnen Sprache. Ach Sprache laute Mund, das grüblerische Hirn: dem Schuh ein ferner Kontinent.
Mit dem Prinzenschuh sind wir nicht alleine. Die Künstlerin: sie knetet, formt und brennt – und haucht ihr Rätsel ein. Trägt sie den Brautschuh, den kein Prinz recht füllen wollte, zu diesem Stein als Herzeleid?
Schaut ruhig! Und das machen wir.
Hecheln Prinzen und Symbolen hinterher.
Die Künstlerin: sie sieht auf uns.
Herrscht lautlos und ironisch.
König – das ist sie in unserm Augenblick
nicht wir. (Walter Thomas Kanzow in: “bewegt”. Kunst in der Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein, Bd.01, Kiel 2013, S. 44/45)
Künstlerin
Maren Koll (* 1962)
1962 geboren. 1983 – 1987 Studium der Kunstpädagogik in Kassel, Erstes Staatsexamen. 1988 – 1990 Studium der Freien Kunst an der Hochschule für bildende Künste in Kassel. 1990 – 1995 Hochschule für bildende Künste Bremen, Diplom. Seit 2002 Atelier in Kiel.
Literatur:
Ceramica Borealis 1, 2006: Maren Koll, Kiel
… bewegt… Kunst in der Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein, Carius-Verlag, Kiel, 2013, Band 1
Weitere Informationen:
Website
Schlagwörter / Ähnliche Werke
Maren Koll (1)
Plastiken (25)
Keramik (19)
Symbolik (155)
Daten zum Werk
Hauptgruppe: Plastiken
Untergruppe: Keramik
Material: Keramik
Technik: gebrannt (glasiert)
Maße: H: 8 cm, B: 29 cm, T: 9 cm
Datierung: 1997
Entstehungsort: Stadt Kiel
Copyright: VG Bild-Kunst, Bonn